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Zu Besuch bei Juan Gil Family Estates in Jumilla, Murcia

Diesmal besuchen wir die Weinregion Jumilla im südwestspanischen Murcia, wo uns María Dugnol von Gil Family Estates empfängt, und viel über die über 100-jährige Geschichte des Weinguts, das mittlerweile in zehn spanischen D.O.-Regionen Güter besitzt, zu erzählen weiß. Mit dem Fokus auf alte Reben und das besonderer „Terroir“ der Weine, sei es vom Campo de Borja, aus dem katalanischen Montsant, Calatayud, Toro oder auch Weißweine der galicischen Rías Baixas und einer klaren Zielsetzung hin zu 100 Prozent Bioproduktion. Miguel und Ángel aus der Gil-Vera-Familie führen Gil Family Estates in der mittlerweile fünften Generation, und insgesamt neun Geschwister, ihre angeheirateten Partner miteinbezogen, arbeiten allesamt mit.

Frage: Die Weinregion D.O. Jumilla erlebt in der vergangenen Dekade eine rasant steigende Beliebtheit, und wird auch international bekannter, neben den berühmten spanischen Regionen Duero und Rioja, das ist mit auch ein Verdienst der Gil-Vera-Familie.
Antwort
: Vor noch einem halben Jahrhundert wurde der Wein hier aus Jumilla noch fast zur Gänze als Stückgut weiterverkauft. Es waren Weine für den Alltag, zum Essen, und viele Hersteller machten sich auch nicht die Mühe, ein Etikett darauf zu geben. Die D.O.-Weinregion hat Geschichte, und der Weinbau hier noch viel mehr. In Gil Family Estates geht die Tradition auf den Urgroßvater der aktuellen Generation zurück, Juan Gil Jiménez und das Jahr 1916. Er arbeitete noch in einem Steinbruch, und entschied sich für die Landwirtschaft, um die Lebensqualität seiner Familie zu heben, und kaufte erste Weinberge und pflanzte erste Reben, neben anderen landwirtschaftlichen Produkten. Mit der vierten Generation, der aktuellen am Ruder, professionalisierte man die Produktion, und die Vermarktung und insbesondere auch den Export. Ihr Vater ist leider schon früh verstorben, und die Geschwister, sieben Brüder und Schwestern, der jüngste keine zehn Jahre jung, mussten den Betrieb mit ihrer Mutter weiterführen. Die Mutter war überzeugt, dass die Kinder selbst ihren Weg finden sollten, und studierten, worauf sie Lust hätten. Denn sie wusste, der Weinbau ist ein sehr aufopferungswürdiges Feld. Es ist eine harte Arbeit, für den Rücken und generell. Und wir hängen sehr stark von den Niederschlägen in der Region der Levante ab. Manche studierten Wirtschaft, andere wurden Ärzte und Miguel, in gewisser Weise die Zentralfigur des Gil-Familienclans, er studierte Luftfahrttechnik. Und er hat in Sevilla bei Airbus gearbeitet. Bis er entschied, er will mit seiner Familie zurück in seine Heimat, nach Jumilla ziehen. Sein Vater widmete sein Leben dem Wein, und er wollte schließlich dasselbe machen.

Frage: Wie viele der in Summe neun Brüder und Schwestern, inklusive der angeheirateten arbeiten in Gil Family Estates aktuell?
Antwort: In der einen oder anderen Weise sind sie alle im Betrieb involviert. Aber Vollzeit arbeiten einzig Miguel Gil und Ángel Gil, Miguel ist der Luftfahrttechniker, den ich eingangs bereits erwähnt habe. Ángel kümmert sich um den finanziellen Teil des Unternehmens. Als er nach Jumilla zurückkehrte arbeitete er erst als Ingenieur in unterschiedlichen Betrieben, ehe er sich exklusiv dem Weinbau widmete, das war um das Jahr 2000 und 2001. Er sprach mit seinen Geschwistern, und gemeinsam entschloss man, das Familienweingut zu kaufen und neu aufzustellen. Man begann mit, wenn man so will viereinhalb Weinbau-Zonen (lacht), und sehr rudimentärer Infrastruktur. Aber man kannte die Region, ihre Eigenheiten und hatte eben Wissen um den Weinbau hier.

Frage: Seit damals wächst Gil Family Estates, in Jumilla, aber auch in anderen, exzellenten, nicht derart bekannten Weinregionen Spaniens unentwegt weiter …
Antwort: Ja, denn seit mittlerweile 21 Jahren folgt man auch der Prämisse, Gewinne wieder in die Produktion zu investieren, und auch weitere Weingüter zuzukaufen. Dabei liegt unser Fokus stets auf alten Reben, die auch keine künstliche Bewässerung brauchen, weil sie tief verwurzelt gewachsen sind. Weiters sind uns bei Gil Family Estates autochthone, einheimische Rebsorten wichtig, und das in D.-O.-Weinregionen, die zu den aufstrebenden in Spanien zählen. Unser Ziel ist es dabei stets, unseren Konsumenten Weine zu bieten, die einen ausgeprägten Charakter haben, ein „Terroir“ wie man so sagt, das einzigartig ist, auch wegen der alten Reben und Böden. Und das zu einem Preis, der eigentlich für ein jedes Portemonnaie leistbar ist, und einem Preis-Leistungsverhältnis und Höchstqualität, die beiderseits überzeugen.

Frage: Wie kommen Sie zu den Weinbaugebieten in zig spanischen D.-O.-Regionen, vom katalanischen Montsant über Calatayud (Aragón) bis zu den Rias Baixas in Galicien?
Antwort: Das ist gar nicht so schwer, denn alte Weinberge und -anbaugebiete sind eben in Familienbesitz, und es kommt sehr oft vor, dass die junge Generation diese nicht weiterführen will. Die Arbeit in der Wein- und Landwirtschaft ist eine harte, und wir kaufen alten Familienbesitz auf. Das ist für viele eine Erleichterung, weil wir auch deren Arbeit von Generationen fortführen. Viele ältere Besitzer haben wahre Schätze an Weinreben, in denen ein Leben an Arbeit steckt. Wenn kein Nachfahre die Arbeit fortsetzt, ist diese verloren. Wir garantieren ihnen auch, dass wir die Weinberge und -reben weiter hegen und pflegen werden. Und sie wissen auch, dass wir bei Gil Family Estates eine sehr große Vision für die Zukunft haben.

Frage: Hier spielen viele Problematiken zusammen, angefangen von der Landflucht, die viele Gemeinden in Spanien vor eine äußerst unsichere Zukunft stellt. Auf der anderen Seite haben auch „Alte Reben“ ihre Eigenheiten, zwar kommen sie auf kargen Böden mit wenig Wasser aus, auf der anderen Seite sinkt der Ertrag mit dem Alter auch erheblich. Auch aus diesen Gründen werden alte Reben entfernt, um junge, produktivere zu pflanzen.
Antwort: Aber es gibt auch D.O.-Weinregionen, wo auch um einen halben Hektar Fläche hart gekämpft und verhandelt werden muss. In einigen der Regionen, wo wir präsent sind, wird es sehr schwer werden, weiter zu wachsen. Etwa in Teilen des Rioja, wo wir eingestiegen sind, und eben im kleinen Priorat in Katalonien. Dort bedeutet die Investition mitunter einen Preis pro Hektar, für den wir andernorts auch 100 Hektar bekämen.

Frage: Gil Family Estates ist ja auch im katalanischen Montsant, mit dem Priorat eine meiner Lieblings-D.O.-Regionen und eben die berühmten steinalten Garnacha-Reben in Calatayud.
Antwort: Bei uns ist es auch so, dass wir eben insbesondere am Exportmarkt damit einen Trumpf haben. Wir haben in vielen kleinen D.O.-Regionen eine überschaubare Produktion, und so bieten wir auch den internationalen Weingenießern Einblicke in für sie neue, wenig bekannte Regionen und Weine aus Trauben, die ebenso für sie neu sind. In den USA verkaufen wir eben einen Malvasia-Wein sehr erfolgreich. Oder auch die Garnacha-Weine aus der D.O.-Region Campo de Borja. US-amerikanischen Weinliebhabern ist der „Grenache“, das Pendant aus Frankreich weitaus geläufiger. Die Weine haben aber an sich nichts gemeinsam, noch weniger, wenn wir Weine aus der Variante Garnacha Tintorera keltern. Damit überraschen wir unsere Weinliebhaber, und unsere Kunden. Dabei sind wir darauf erpicht, neugierige Kunden zu haben, die gerne bereit sind, neues zu probieren. In gewisser Weise lernen sie hinzu, während wir als Gil Family Estates weiterwachsen, und neue Weine lancieren.

Frage: Es ist auch Verdienst von Winzer-Familien, wie Gil Family Estates, die dafür sorgen, das alte Rebsorten und autochthone Trauben erhalten bleiben, und über den Vertrieb, wie über Gourmet-Geschäfte wie Colono auch international stets bekannter – und geschätzter sind. Ich bin dank meines Stiefvaters schon früh als Jugendlicher zu Weingütern und oft in die Toskana gefahren, mittlerweile ist er stets am Laufenden, was sich in Spanien tut, insbesondere im Bio- und Naturwein-Bereich. Und neben den Roten ist er begeistert von den Rías Baixas Galiciens, die Sie ja auch in Gil Family Estates haben …
Antwort: … Das Wichtigste ist wohl das Wissen über das Land und den Boden, wo man Reben pflanzt. Denn es können zahllose Dinge, die schiefgehen können und werden, wenn man ortsfremde Reben anpflanzt, die den Bedingungen nicht gewachsen sind. Sind diese resistent dem Klima und der Hitze? Reifen die Früchte ideal in diesen Bedingungen? Wir von Gil Family Estates achten darauf, dass die Sorten dort wachsen, wo sie seit Jahrzehnten und Jahrhunderten heimisch sind. Um aus diesen unsere Weine zu machen.

Frage: Wie weit ist bei Gil Family Estates die Umstellung auf ökologischen Bio-Weinbau fortgeschritten? Ein wesentlicher Punkt, den Sie bereits angesprochen haben, ist insbesondere im trockenen Süden Spaniens und Zentralspanien, das Wegfallen künstlicher Bewässerung. Und der Prozess der Umstellung dauert meist Jahre. Zugleich wandelt sich das, was Weinliebhaber wünschen, die immer mehr biologische Produktion bevorzugen.
Antwort: Von Anfang an, und eine unserer Prämissen bei Gil Family Estates ist es, immer und immer nachhaltiger zu werden, in der gesamten Produktion. Eine andere Herausforderung ist der Klimawandel. Wenn Miguel Gil sich zurückerinnert, an die Weinlesen mit seinem Großvater, dann fand diese meist im Oktober statt, aktuell beginnen wir diese in Jumilla stets Ende August bereits. Hinzu kommt, dass unsere Weinberger und Weinanbau-Parzellen in Gebieten sind, wo die Reben durchaus starken hydrologischen Stress ertragen müssen. Zugleich sind die Weinregionen auch jene, wo die Weine meist einen vergleichsweise hohen Alkoholgehalt aufweisen, die Sonne, mehr Hitze und Hitzewellen auf kargen Böden sorgen für diese Konzentration. Wobei wir sehen, dass der Markt immer weniger auf derart kräftige Weine abzielt. Dafür ist es essenziell, die Trauben und ihren Reifungsprozess ganz genau im Auge zu behalten. Um im Bereich des Möglichen, auch den Alkoholgehalt, der durch den Klimawandel immer höher wird, in Grenzen zu halten.

Frage: Ich gehe eher konträr zum Markt, mir munden die „schweren“ Roten, eben Priorat und Montsant, und Weine ab 16 Volumprozent, im Falle Priorat auch nichts gegen 17 …
Antwort: (lacht) auch wenn wir etwa in Jumilla darauf achten, diesen Wert gering zu halten, unsere Weine von hier haben meist 15 Prozent. In Calatayud ist es gleich. Aber man muss aufpassen, denn diese Rotweine haben sehr schnell auch 18 und mehr Prozent. Exzellent-gemacht, merkt man diesen auch kaum.

Frage: Der Klimawandel macht sich auch andernorts in Spanien im Weinbau bemerkbar, so erstrecken sich die Weinberge und -Parzellen in der Rioja alavesa auf bereits über 800 Meter Seehöhe, was vor zwei, drei Dekaden noch undenkbar war.
Antwort: Unsere höchsten Weinbaugebiete sind in der kastilischen La Mancha, auf über 1000 Meter Seehöhe. Von unseren 1400-1500 Hektar, die wir insgesamt in Spanien besitzen, sind die höchsten um Almansa, auf der zentralspanischen Hochebene. Am tiefsten liegen unsere Weinberge im Montsant, eine überaus bergige, zerklüftete Region nahe der Küste zum Mittelmeer, dabei sind wir bei etwa 750-800 Meter Seehöhe. Knapp die Hälfte unserer Weinbauflächen befinden sich hier, in Jumilla. Wobei 1500 Hektar nicht wenig Fläche ist, und man auch bedenken muss, dass wir teils bei unseren Premium-Weinen eine sehr überschaubare, geringe Produktion haben. Nehmen wir unsere Weinberge mit den ältesten Reben, dann ist die maximale Produktion nicht mehr als 6000 Flaschen pro Jahr. Und diese sind dann auch noch abhängig, vom Weinjahr. Nur wenn es ein exzellentes Weinjahr war, produzieren wir den Wein, und füllen ab. Sonst setzen wir auch ein, zwei und mehr Jahre aus. Die Qualität muss einfach spitze sein.

Frage: Wie war für Gil Family Estates das Weinjahr 2021? Und vor allem auch in Jumilla, wo es bis Ende März eine immense Trockenperiode gab? Nun endlich hat es geregnet, und das ausreichend.
Antwort: Ja zum Glück hat es endlich geregnet. Wobei unser Klima hier in Murcia ein Wüstenklima ist, oder zumindest semiarid. Und wir haben extreme Wetterphänomene, mit massivem Starkregen, der Überschwemmungen und Murenabgänge mit sich bringt. Dazu Hagel, auch im Sommer, und Sturm, kein einfaches Klima für Wein. Die generell niedrige Niederschlagsmenge ist dabei wie gesagt bei alten Reben nicht das größte Problem. Viel schlimmer ist es, wenn der Regen zur falschen Zeit, vor der Lese, und zu heftig ausfällt. Dann kann es passieren, dass wir eine Ernte in Stunden verlieren. Was die Ernte 2021 in Jumilla betrifft, waren wir mit der Ernte rechtzeitig, und es war ein sehr gutes Jahr. Sonst kann es passieren, dass unsere Ernte im Nordwesten, in Galicien eine exzellente war, während in anderen Regionen die Weinlesen nicht optimal verlaufen, und vice versa. Generell war 2021 ein sehr gutes Jahr, ohne Extremwetterereignisse und Starkregen, nur im Montsant und bei Can Blau kam der starke Regen letztes Jahr etwas früh. Die jungen Weine sind ganz gut geworden, aber wir müssen noch zuwarten, wie sich diese entwickeln im Ausbau, sagen wir nach fünf Jahren.

Frage: In einigen Weinregionen Spaniens schützt man die Reben und Trauben vor zu starker Sonneneinstrahlung mit Sonnensegeln, etwa in der Extremadura. Ist das bei Gil Family Estates mancherorts auch Usus?
Antwort: Soweit ich weiß, ist der Sonnenschutz für Trauben vor allem bei Weißweinen wichtig in manchen spanischen Regionen, und nicht so wichtig bei Roten. Und wir von Gil Family Estates sind deutlich mehr auf Rotweine spezialisiert, sie stellen fast 80 Prozent unserer gesamten Produktion, in den heißen und sonnenintensiven Wein-Regionen. Also Sonnensegel sind bis dato bei uns noch kein Thema. Die Trauben haben einen längeren Reifungsprozess und kommen mit der Sonneneinstrahlung weit besser klar.

Frage: Aber Sie haben auch Weißweine, wie einen Moscatel (Muskateller) aus Jumilla, eine Traube die doch eher für Süßweine, und Halbsüße in Spanien verwendet wird, anders als etwa in Österreich oder in Zentraleuropa. Wobei diese dann doch eher fruchtig sind, und auch ihre Säure haben.
Antwort: Ja, anders als viele der Moscatel-Dessertweine in Spanien ist unser Juan Gil Mocatel Weißwein ein anderer, was auch an der Rebsorte liegt, es ist eine fruchtigere Moscatel-Traube, die auch mehr Säure hat. Wir haben viel experimentiert mit Weißweinreben, die in unserer Region Jumilla wachsen können, und auch als Basis für exzellente Weißweine dienen. Unser Hauptproblem bei den Versuchen mit anderen Weißweinreben, wie dem Macabeo, war es, dass der Säuregehalt zu niedrig war. Das führte auch dazu, dass die Haltbarkeit der Weine zu gering war. Weißweine aus Jumilla mussten in Vergangenheit rasch konsumiert werden, es war so, dass diese selten länger als den darauffolgenden Sommer nach der Ernte überdauerten. Für unseren Moscatel kühlen wir die Trauben nach der Ernte unmittelbar fast auf den Gefrierpunkt, und der Wein wird kalt vergoren. Und das auch direkt nach der Lese. Der Wein täuscht einen ein wenig, sehr blumig-fruchtig im Aroma, in der Nase. Aber im Mund ist er sehr frisch, leicht-bitter, mineralisch. Als Weinbegleitung servieren wir zu unserem Moscatel hier in der Bodega bei Verkostungen zu Speisen, die man normaler Weise nicht mit Weißweinen paart, wie Mojama, das ist der gepökelte, luftgetrocknete Thunfisch, der passt einfach perfekt, mit gesalzenen Mandeln. Auch zu weißem Spargel passt der Wein exzellent, auch wenn die Saison vorbei ist. Und gegrilltem Gemüse, ein idealer Weißwein zur beginnenden Grillsaison. Das Vorurteil gegenüber dem spanischen Moscatel, dass dieser stets süß ist, muss man aber definitiv aufgeben. Unser Moscatel hat nicht einmal zwei Gramm Zuckergehalt, das ist so gut wie gar nichts.

Frage: Einer der „Klassiker“ von Gil Family Estates ist der Juan Gil Plata, der längst rein-biologisch produziert wird. Aus einer Traube, die in Österreich und Deutschland noch kaum bekannt ist, aber ihre Qualitäten hat: Monastrell.
Antwort: Es ist immer schwer zu sagen, ob diese Rebsorte wirklich heimisch ist in Jumilla und Murcia. In allen Weinbauregionen der Welt gibt es Reben, die weite Teile der Genetik übereinstimmend aufweisen, auch wenn sie nicht genetisch identisch sind. Unser Monastrell hier, die mourvèdre in Frankreich, mataró in Australien sind verwandt. Aber durch die vielen Jahre, wo sie getrennt in unterschiedlichen Regionen kultiviert wurden, haben sie sich auch angepasst. Und eigene Qualitäten entwickelt. Auch die Art und Weise, wie man diese Reben kultiviert ist je nach Region eine andere. Hinzu kamen Plagen, wie die Reblaus, die Reben ganzer Landstriche vernichtet hat. In Spanien ist Monastrell die am drittmeisten kultivierte Rebe, nach Tempranillo und Garnacha. Und sie wird nicht nur im Südwesten Spaniens, von Alicante an Richtung Süden und Murcia, angebaut, sondern auch in der Mancha. Wobei bei uns knapp 80-90 Prozent der Rotweinreben Monastrell sind. Wir haben unser eigenes Gewächshaus-Labor, wo wir die Setzlinge züchten, wenn es darum geht, neue Parzellen zu bepflanzen, oder alte Reben zu erneuern. Denn nur so können wir sicher sein, dass unsere Reben auch den klimatischen Bedingungen gewachsen sind. Auf unseren Ländereien pflanzen wir nur genetisch-identische Reben an, die typisch für die Zone sind. Wir vermischen auch keine Genetik von Klonen von Stecklingen. Es gab Versuche hier in Jumilla, rentablere französische Reb-Setzlinge hier zu pflanzen, die aber mehr Wasser benötigen, so sind binnen der ersten Jahre über 40 Prozent der gepflanzten Reben verendet. Für uns war es und ist es ein Grundprinzip, die alten Monastrell-Reben hier zu bewahren, und in ihrer Genetik, auch wenn der Ertrag geringer ist. Unsere typische Monastrell-Sorte hier hat sehr kleine Fruchtstände, jedoch mit kleinen, äußerst dicht-aneinander gewachsenen Trauben-Früchten, eine dicke Haut, was der kräftigen Farbe auch zugutekommt, und verhältnismäßig kleine Kerne. Das hat neben der Farbe auch den Vorteil, dass sehr wenig Wasser von der geringen Fläche verdunstet. Die Trauben haben einen hohen Zuckergehalt, der sich wie zuvor angesprochen, eben auch im Alkoholgehalt der Jumilla-Weine widerspiegelt, mit Glück bleibt dieser bei 15 oder 15,5 Prozent (lacht).

Frage: Ich kenne auch Ihren Wein aus der La Mancha, Almansa, den „Atalaya del Camino“, wie Wachtürme aus der arabischen Epoche heißen. Auch hier ist neben der Garnacha Tintorera ein kleiner Teil, von etwa 15 Prozent Monastrell …
Antwort: Die Prozentsätze geben wir eigentlich nie an, denn das letzte Wort, nicht nur bei Cuvée-Weinen hat unser Önologe zu sprechen, und oft ist es eine Spielerei im Prozentbereich, die jedes Jahr, mit jeder Ernte und Produktion variieren. Dabei geht es um den Ausbau im Eichenfass über Jahre, wo wir den Charakter der Weine verfeinern und untermauern.

Frage: Und auf welche Weinregionen zielt die Familie Gil für weitere Expansionen ab, wenn ich fragen darf? In Spanien, wo Sie mit Gil Family Estates in zehn D.O.-Regionen präsent ist, und warum nicht, auch international? Für Ersteres finde ich ja Toro bei Zamora interessant, wobei man mir vor Ort sagte, dass insbesondere chinesische Investoren und Firmen sich hier bei Weingütern einkaufen …
Antwort: Wir haben immer wieder daran gedacht, über die spanischen Grenzen hinauszublicken. So war und Chile ein Land, wo es uns durchaus interessiert, präsent zu sein. Auch in den USA gibt es sehr interessante Möglichkeiten für Gil Family Estates. Doch so wie sich nach den Jahren der Pandemie die Wirtschaftslage abzeichnet, nun auch noch überschattet vom Krieg in der Ukraine, ist es das Allerwichtigste, und zuallererst auf unsere spanischen Gebiete und Fincas zu konzentrieren. Es gilt unsere Produktion in unterschiedlichen Regionen weiter zu professionalisieren und zu optimieren, und das parallel mit Initiativen zur Nachhaltigkeit. Dass alle unsere Weine ökologisch-hergestellt werden, das ist schon ein hochgradig ambitioniertes Projekt. Mit dem Ziel, in drei Jahren von 2022 an gerechnet nur noch Bioweine anzubieten. Das ist bürokratisch mit der Zertifizierung ein erheblicher Aufwand, aber auch im Feld, am Weinberg, auf der Parzelle, wo die Reben wachsen. Ein weiterer Eckpfeiler, den wir verfestigen, ist es, 100 Prozent energieautark zu werden, und nicht vom Stromnetz und -Markt abhängig zu sein. Wir haben mittlerweile drei Weingüter, Bodegas, die gänzlich vom Stromnetz abgeschlossen sind. Dazu zählt etwa Can Blau im Montsant, eines der ersten energie-autarken Weingüter Spaniens. Morca im Campo de Borja, und auch ein Teil unserer Juan Gil Produktion in Jumilla. In Zukunft sollen alle unsere Güter mit der selbst produzierten Energie auskommen, und keinen Strom mehr aus dem Netz brauchen. In Jumilla sind wir auch darauf erpicht, eine „Null-Abfall“-Politik zu verfolgen. Dabei wird zum einen alles verwendet, was bei der Weinlese übrigbleibt, und nach dem Beschneiden der Reben, daraus machen wir Humus, der Dünger für unsere eigenen Reben und Gärten. Und gleichzeitig wollen wir unseren CO2-Fußabdruck ebenso so gering wie möglich halten. Ein Punkt hierfür ist es, zum Beispiel, das Gewicht der Flaschen zu reduzieren, was dann natürlich beim Transport eine große Rolle spielt. Und es vereinfacht auch das Recycling der Flaschen. Hinzu kommt, dass alle unsere Weine vegan sind, wir arbeiten mit keinerlei Gelatine, keinerlei tierische Produkte. Das sind allesamt sehr arbeitsintensive Projekte, ambitioniert, die sich auch in den Kosten zeigen. Es ist viel Einsatz, und es sind viele Ressourcen aus unserer Arbeit, die wir dafür aufwenden. Aber wir sind überzeugt, dass es für den Weinbau und die Weinproduktion keine andere Zukunft gibt. Wir beginnen übrigens auch, eben an Schaumweinen, Espumosos und Cavas zu arbeiten, ein sehr interessantes Feld, und das aus der Region Toro. Also nicht alle Weingüter dort sind in chinesischer Hand (lacht). Gleichzeitig wollen wir auch leichte Weine, mit geringerem Alkoholgehalt auf den Markt bringen, ebenso ein Zukunftsfeld. Daran arbeiten wir im Rioja, um die Linie Rosario Vera. Rosario war diejenige, der die Familienprojekte stark vorangebracht hat, in gewisser Weise war er der „Klebstoff“, der die Familie in dieser Phase zusammengehalten hat, darum trägt dieser Wein auch seinen Namen. Honoro Vera war seinerseits der Vater von Miguel Gil, auch er hat einen in Spanien und international überaus bekannten Rotwein mit seinem Namen.

Frage: Das Bewusstsein der Konsumenten verändert sich, und sukzessive hat sich „bio“ und „ökologisch“ in fast allen Bereichen verankert. Bleibt zu hoffen, dass die aktuelle Weltlage, mit Kriegen, Krisen, hohen Energiepreisen und Inflation, die Haushaltsökonomie der Familien nicht derart schmälert, dass diese gezwungen werden, konventionelle Produkte zu wählen.
Antwort: Für uns ist es die natürliche Art und Weise, wie wir Wein machen wollen. Wir machen Bio-Weine, und sind schon seit vielen Jahren mit der sukzessiven Umstellung beschäftigt. Wir machen damit auch nicht gezielt Werbung, oder hängen das an die große Glocke. Vielmehr wollen wir, dass unsere Kunden wissen, dass wir biologisch und nachhaltig produzieren. Und Punkt. Dieses Jahr kommt unser Juan Gil Etiqueta Amarillo als Biowein, worauf wir sehr stolz sind. Wir hoffen, dass das unsere Kunden schätzen. Bio muss nicht mehr kosten, teurer sein. Es sollte einfach normal sein.

Frage: Die Namen der Weine von Gil Family Estates sind mehr oder weniger der Stammbaum der Familie, wir hatten ja bereits Honoro und Rosario Vera erwähnt …
Antwort: Juan Gil war stets der Vater, der Name ging an den Erstgeborenen der Söhne weiter, wie es üblich ist, in den meisten spanischen Familien. Also gibt es in jeder Generation einen Juan Gil, mittlerweile sind es sieben. Honoro war der Großvater der aktuellen Generation, Miguel Gil Vera und Ángel Gil Vera. Die Gil-Seite der Familie ist fest in Jumilla verwurzelt, die Veras in La Rioja. Wenn Sie einen Stammbaum wünschen, ich glaube meine Kollegin hat einen, denn das Hundert-Jahr-Jubiläum der Familie wurde im Jahr 2016 gefeiert.

Frage: Und wie sind Sie nach Jumilla und zum Wein der Gil Family Estates gelangt?
Antwort: (lacht) das ist eine fast ebenso schwere Frage. Mein Familienname Dugnol ist klarerweise Französisch, meine Mutter stammt aus dem Burgund. Ich bin aber bereits in Madrid geboren, vor 33 Jahren. Meine Eltern entschlossen sich, in die andalusische Provinz Jaén zu ziehen, weil mein Großvater väterlicherseits dort ein Haus und etwas Land hatte. Meine Eltern waren Biologen, und sie sehnten sich einfach nach etwas Natur, im Gegensatz zur Millionenmetropole Madrid. Ich habe dann in Jaén studiert, Tourismus und englische Philologie und als die Zeit der ersten Praktika kam, noch im Studium, wusste ich, ich will nicht die Professur anstreben, sondern in die Wirtschaft. Insbesondere interessierte mich dabei die Exportwirtschaft. Einige Jahre arbeitete ich im Bereich des Olivenöls, bei Castillo de Canena. Mein Lebenspartner arbeitete längst in Jumilla, und wir entschlossen uns, hier zu leben, und ich arbeitete bereits bei einer Bodega, doch Juan Gil reizte mich mehr. Nicht nur, dass ich auch die Weine hier kaufte. Für mich war Juan Gil immer eine Referenz für Qualität. Und es kam der Moment, als sie mich anriefen und anstellten (lacht). Die Weinwirtschaft ist einfach ein Feld, wo man in einem Prozess permanenten Dazulernens ist, und das ist für mich und meinen Beruf einfach etwas Essenzielles. Jeden Tag dasselbe machen, das kann ich nicht. Ich sah auch meine Eltern, Tag für Tag am Schreiben wissenschaftlicher Texte am Computer. Ich wollte etwas Anderes machen. Neues sehen, und immer weiter dazulernen.

Frage: Sie haben das Thema Export mehrmals angesprochen. Wie verteilen sich die Verkäufe von Juan Gil Family Estates, die ja ein beachtliches Gewicht in der spanischen Gastronomie und Hotellerie haben, und auch in gut-sortierten Supermärkten zu finden sind, neben klarerweise, Weingeschäften und Gourmet-Läden?
Antwort: Unser Fokus, unsere Berufung sind klarerweise die Exportmärkte, und das ist auch der Grund, warum wir heute so positioniert sind, wie wir sind. Hauptmarkt sind die USA, aber schon auf Rang zwei ist es Spanien, mit seinem Binnenmarkt. Kanada und Deutschland sind auch sehr wichtig für uns, wo wir schon lange mit einzelnen Marken stark sind. Unser Zielpublikum orientiert sich dabei auch daran, dass unsere Kunden einfach wissen können, dass sie für den Preis, den sie bezahlen, einen ausgezeichneten Wein bekommen. Derselbe Gedanke leitet uns auch, wenn wir einen neuen Jahrgang oder eine neue Linie auf den Markt bringen, er soll sich einfach in dieses Schema einfügen. Exzellente Weine, für ein jedes Portemonnaie. Und dabei auch die Neugier der Weinliebhaber befriedigen, mit Rebsorten, Regionen und Cuvées. Wer jetzt einen Garnacha Tintorera einfach ausprobieren will, der muss nicht sofort zu den Premium-Flaschen ab 30 und mehr Euro greifen, er kann einfach auch einmal unsere ausprobieren die auch unter zehn Euro erhältlich sind. Und wird sehen, ob diese Traube ihm mundet.

Frage: Inwieweit wirkt sich der Ukraine-Krieg auf den Weinmarkt und Gil Family Estates aus?
Antwort: Russland und auch die Ukraine sind und waren interessante, wichtige Märkte für uns. Auch in Weißrussland haben wir Abnehmer, mehr noch aber merken, wie die Unsicherheit in der Region, mit wichtigen großen Märkten wie es Polen ist, aber auch die Staaten des Baltikums. Die Exporte sinken, die Menschen haben Angst, sparen bei Luxusprodukten, wie es auch Weine sind. Auf der anderen Seite steigen und stiegen auch die Preise für Strom, Treibstoffe und den Transport und auch andere Produkte und Teile, die für den Weinbau und die Weinproduktion notwendig sind. Wir sind besorgt, und hoffen, dass der Krieg und die Krise nur von kurzer Dauer sein wird. In erster Linie für die betroffenen Menschen und die Zivilbevölkerung. Was unser Geschäft betrifft, haben wir das Glück, doch sehr diversifiziert aufgestellt zu sein, sowohl in der Produktion als auch bei den Märkten.

Zur Person:

María Dugnol (33), gebürtig aus Madrid mit familiären Wurzeln im französischen Burgund ist Verantwortliche für Internationale Märkte bei Gil Family Estates in Jumilla, Murcia.

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